http://www.myspace.com/wobblermusic
Der Wobbler-Hype ist ziemlich schnell in sich zusammengefallen. Und
das ist gut so. Denn so hat die Band jetzt jenseits überhöhter
Erwartungen die Chance, die Musik vorzustellen, die ihr ganz
offensichtlich am Herzen liegt. Die Verunsicherung der Hörer, die
Wobbler schon länger kennen ? obwohl es sich ja bei Hinterland um das
Debut der Band handelt! ? rührt daher, dass sie zunächst stark mit
Änglagard identifiziert wurden, dann aber auf dem Artrockfestival 2004
einen ungeheuer kraftvollen psychedelischen Hardrock spielten. Da gab es
natürlich lange Gesichter im Publikum, wenngleich mir als altem
Psychedelic-Fan diese Seite von Wobbler schon sehr sympathisch war. In
Zukunft hoffentlich mehr davon... (Man sieht mal wieder, wie
unterschiedlich die gleichen Ereignisse empfunden werden können...)
Nun aber wird es mit Hinterland deutlich klassisch-proggig, ganz in
anglo-europäischer Tradition. Sogar sehr deutlich wie es Udo in aller
Klarheit beschrieben hat. Dabei dominiert vom Feeling her die Sorte
Prog, die ihre psychedelischen Wurzeln noch nicht vergessen hat und
hauptsächlich mit den frühen King Crimson und Yes identifizert werden
kann; Emerson Lake & Palmer sind aber auch immer wieder mit dabei.
Doch es fällt häufig schwer, die Anleihe oder Hommage deutlich
festzumachen. Wobei es natürlich immer wieder Stellen gibt, die so
unverschämt nah am Original sind, dass man nicht mehr von Hommage
sprechen kann, sondern es Kopie (oder freundlicher: Zitat) nennen muss.
Eine reine Zitatensammlung ist Hinterland aber keinesfalls geworden.
Dass ein Album, das sich in einem solchen Umfeld präsentiert, stark
keyboardlastig ist, muss nicht wundern. Schließlich war die
Keyboarddominanz eins der zentralen Kennzeichen des klassischen
Progressive Rock gegenüber der stärker e-gitarrenlastigen Psychedelic.
Ziemlich häufig ist der Sound stimmungsvoll mit einem dichten
Mellotron-Teppich unterlegt. Aber auch die Gitarre ? Elektro- wie
Akustik ? kommt häufig zum Zuge und fügt sich sehr organisch ins
Gesamtbild ein. Die Kritik an den Drums kann ich nicht teilen; auch die
Drums passen sich vorzüglich in den verspielten Gesamtsound ein.
Ein weiteres Kennzeichen klassischen Progs sind die ausladenden
Instrumentalteile, die den normalen Songzusammenhang sprengen. Dieses
Moment kommt gerade beim sehr langen Titelsong zum Tragen. Und so muss
es ja auch sein. Daraus einen Vorwurf zu gestalten mag in anderen
musikalischen Kontexten durchaus sinnvoll sein, nicht jedoch im
verschärften Retro-Prog ? oder ?Retro-Retro-Prog? - wie Wobbler ihn
ziemlich perfekt kreieren. Und wenn man Wobbler mit anderen
Retro-Prog-Kapellen vergleicht, dann fällt auf, dass es Wobbler gelingt,
ihren Sound vollkommen unpeinlich und ? bei allen pastoralen Momenten -
überhaupt nicht sülzig rüberzubringen.
Wie wirkt das Album nun stimmungsmäßig insgesamt? Natürlich werden
einfach wohlige Erinnerungen geweckt, die nur gelegentlich, wenn Wobbler
es etwas übertreiben, kurz übel aufstoßen können. Der starke
Mellotron-Einsatz lässt etwas Wehmut aufkommen. Aber melancholisch kann
der Wobbler-Sound beileibe nicht genannt werden. Da sind schon die
quirligen Orgel- und Synthiesounds vor. Besondere Klang- und
Qualitätsunterschiede zwischen den Songs kann ich übrigens nicht
wirklich behaupten. Wobbler halten mit Hinterland einfach einen in sich
stimmigen, rundum mit viel Geschick entworfenen Spaß für jeden
Retro-Progger bereit! Review: Christian Rhode - BBS
Tracklist:
1. Serenade For 1652 0:41 2. Hinterland 27:47 3. Rubato Industry 12:45 4. Clair Obscur 15:37