Mit ?Rites of Dawn? legen die Norweger Wobbler ? einst die Hoffnungsträger des Retroprog schlechthin ? ihr immerhin schon drittes Studioalbum vor. Damit sind sie schon mal weiter als die großen Vorbilder Änglagård. Die Band ist im wesentlichen unverändert, man hat aber mit Andreas Strømman Prestmo einen neuen Sänger, ein nicht unwichtiges Detail.
Wobbler wirken auf ?Rites of Dawn? wie befreit. Die Last der großen Erwartungen ist verblasst und so spielen die Norweger frisch, fromm, fröhlich, frei auf. Flehende Mellotronchöre, flirrende Synthies, jubilierende Gitarren, bollernder Bass und wuseliges Schlagzeug beherrschen die Szenerie, alles klingt wie die Originale aus den 70ern. Fast möchte man eher an ein verschollenes Album der Ära des klassischen Progressive Rock glauben. Wobbler haben wieder peinlich genau darauf geachtet möglichst Original-Equipment zu verwenden, was im Booklet auch ausführlich dargestellt ist. Fender-, Gibson- und Martin-Gitarren, natürlich ein Rickenbacker-Bass und Yamaha-Drums. Und Minimoog, Mellotron, ARP Pro Soloist, Hammond Orgel, Hohner Clavinet, Fender Rhodes und so weiter und so weiter...
Die hohe, melodische, teilweise etwas dramatische Stimme von Andreas Strømman Prestmo fügt sich perfekt in diesen Rahmen ein. In den Chorpassagen klingt es dann sehr selig nach den klassischen Yes.
Auch wenn immer mal wieder Änglagård um die Ecke lugen, Wobbler begeben sich auf ?Rites of Dawn? noch viel weiter in die Vergangenheit. ELP und Gentle Giant schwangen ja schon immer ein bisschen mit, nun gibt es auch noch einiges an lyrischen Passagen, die gerne mal an Genesis oder PFM erinnern. Aber vor allem zu Beginn des Albums ? in ?La Bealtaine? und ?In Orbit? dominieren ganz deutlich yessige Strukturen, seien es das Bassspiel, die Howe'schen Gitarren, das moderat verzwirbelte Bruford-Drumming oder eben der Chorgesang. Dabei stellen sich die Norweger geschickter an als die amerikanischen Kollegen im Geiste von Glass Hammer. Allerdings können Wobbler aus diesen ganzen Inspirationen und Vorlagen auch einen ganz eigenen Sound kreieren, wie sie mit ?The River? beweisen, welches erstaunlich eigenwillig und eigenständig aus den Boxen dröhnt.
Hier wirkt nichts bemüht oder gewollt. Die Kompositionen sind nicht hohl, sondern durchdacht, packend und gehaltvoll. Wobbler beleben den Retroprog mit einem ebenso so schönen, wie eleganten, wie mitreißenden Album. Fans dieser Richtung werden auf's Beste bedient und sollten sich schon mal auf den Bestellweg machen. Review: ThomK - BBS
Tracklist:
1. Lucid 1:40 2. La Bealtaine 7:52 3. In Orbit 12:30 4. This Past Presence 6:14 5. A Faerie's Play 5:19 6. The River 10:04 7. Lucid Dreams 2:19
